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Heidrun Gilde

Supervision und Aufstellungsarbeit

State of the Art und Anregungen für die Praxis der systemischen Supervision

ISBN: 978-3-8366-8640-2

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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 02.2010
AuflagenNr.: 1
Seiten: 130
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Wie lässt sich Aufstellungsarbeit in die verschiedenen Settings von Supervision integrieren? Worauf gilt es zu achten und welche Möglichkeiten und Grenzen können sich ergeben? Wer sich für diese Themen interessiert und sich einen Überblick über den State of the Art zur Verbindung von Supervision und Aufstellungsarbeit verschaffen will, findet in diesem Buch Antworten und erhält zudem vielfältige Anregungen für die supervisorische Praxis. Die Autorin arbeitet die Besonderheiten von Aufstellungsarbeit heraus und vergleicht diese mit anderen gängigen Beratungsmethoden, die im Rahmen von Supervision und Coaching zum Einsatz kommen. Aufstellungsarbeit wird als szenische Methode oder Gruppensimulationsmethode definiert, bei der es um die Nachbildung und Analyse von Strukturen eines betrachteten Systems mit Hilfe von realen Personen und Objekten geht. Die Autorin stellt drei typische Formen von Aufstellungsarbeit einander gegenüber: die klassische Aufstellungsarbeit, die Systemischen Strukturaufstellungen sowie Inhouse-Aufstellungen. Der Boom der Aufstellungsarbeit lässt sich nicht zuletzt darauf zurückführen, dass sie innerhalb relativ kurzer Zeit vielfältige und tief greifende Wirkungen hervorrufen kann. Die Autorin geht der Frage nach, ob die Aufstellungsmethode mit einer systemischen Beraterhaltung kompatibel ist und zeigt auf, was diese Haltung konkret für das Handeln der aufstellenden Supervisorin bedeutet. Aus systemisch-konstruktivistischer Sicht kann es sich bei Aufstellungsarbeit nicht um einen Zugang zur Wahrheit und um eine reale Darstellung des wirklichen Systems handeln, sondern nur um eine Landkarte, die einen wichtigen Ausschnitt dieser Wirklichkeit in reduzierter Form darstellt. Das vorliegende Buch stellt die einzelnen Schritte des Ablaufs einer Aufstellung dar und macht deutlich, dass es bei der praktischen Anwendung dieser Methode viele Einzelaspekte zu beachten gilt. Der Vergleich zwischen Aufstellungsarbeit und anderen gängigen Methoden, die bei Supervision und Coaching zum Einsatz kommen, zeigt, dass ein zentraler Mehrwert im komplexen Zusammenwirken von kognitiven, affektiven und verhaltensmäßigen Aspekten der szenischen, bildhaften Arbeit liegt. Dadurch werden neue Wirklichkeitskonstruktionen möglicherweise eher viabel als in langen, überwiegend durch Sprache geprägten Beratungsprozessen. Zumindest können letztere durch Aufstellungsarbeit einen neuen Impuls erhalten. Die Autorin zeigt auf, wie Aufstellungsarbeit in die drei Settings der Supervision (Einzelsupervision, Teamsupervision und Fallsupervision) integriert werden kann und welche besonderen Herausforderungen dabei jeweils zu berücksichtigen sind. Deutlich wird, dass Aufstellungen nur dann erfolgversprechend in der Supervision zum Einsatz kommen können, wenn sie situativ und behutsam eingesetzt werden und genügend Zeit zur Verfügung steht. Ein Supervisionsprozess, der Vertrauensbildung sowie eine ausreichende Nachbereitung der Aufstellungserlebnisse ermöglicht, bietet gute Rahmenbedingungen für die Integration und Einbettung der Aufstellungsarbeit.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 4.1, Zum Mehrwert des Einsatzes von Aufstellungsarbeit in Supervisionsprozessen: Ziel und Aufgabe der Supervision ist es, das Wirklichkeitsbild des Klienten zu ver¬ändern und die Anschlussfähigkeit dieser Veränderung an reales, praktisches Han¬deln zu sichern (vgl. Kapitel 2). Im Rahmen von Supervision werden zu diesem Zweck häufig Methoden und Techniken wie systemische Fragetechniken, Refra¬ming, Splitting, Arbeit mit Komplimenten etc. eingesetzt. Eine rein sprachliche Neukonstruktion der Wirklichkeit im Beratungsprozess läuft allerdings Gefahr, dass diese pragmatisch nicht mehr viabel ist (vgl. zum Begriff der Viabilität Kapitel 2.3.1). Die Vorstellung von Lernen als vorwiegend intellektueller Aktivität berück¬sichtigt das komplexe Zusammenwirken von kognitiven, affektiven und verhal¬tensmäßigen Aspekten nicht in ausreichendem Maße. Dies ist in der Beratung besonders unangemessen, denn hier ist der Lernstoff nicht abstrakt und ich-fremd, sondern emotional aufgeladen, persönlich und oft widerstandsbesetzt . Szenische Methoden bieten die Chance, die Viabili¬tät wesentlich zu erhöhen, indem sie die sprachliche Rekonstruktion der Wirklich¬keit mit einer zweiten Wirklichkeitskonstruktion, nämlich der nicht sprachlichen Realität praktischen Handelns, verknüpfen. Aufstellungs¬arbeit kann in der Supervision also den Lernprozess der Supervisanden unter¬stützten, die Umsetzung der Lernergebnisse in praktisches Handeln fördern und auf diesem Weg zu nachhaltigeren Veränderungen beitragen. Speziell für die Gruppen- oder Fallsupervision kann Aufstellungsarbeit eine große Bereicherung sein, da sich mit dieser Arbeitsweise das oft langwierige und läh¬mende Reden sehr schnell erübrigt und ein direkter Zugang zum Beziehungssystem der Klienten eröffnet wird. Einen Mehrwert kann Aufstellungsarbeit also in solchen Supervisionsprozessen bieten, in denen Gruppen dazu neigen, Themen bzw. Anliegen kognitiv zu zerreden. Über ihre Bildhaftigkeit, ihre emotionale Aufgeladenheit und die stark eingeschränkte Kommunikation der Stellvertreter im Aufstellungsbild kann die Aufstellungsmethode einen das Lernen befördernden Unterschied zu eingefahrenen Gruppendynamiken machen und für alle Beteiligten zu überraschenden Ergebnissen führen. An dieser Stelle ergibt sich allerdings die Frage, ob Aufstellungsarbeit auch in der Einzelsupervision wirksam sein kann, obwohl der typische Verlauf einer Aufstellung hier aufgrund der reduzierten Personenzahl modifiziert werden muss (vgl. zum spezifischen Vorgehen die Ausführungen im Kap. 4.2.1). Der Nutzen von Aufstel¬lungsarbeit in der Einzelberatung liegt darin, dass der Supervisand in einer beson¬ders geschützten, diskreten Atmosphäre seine eigene Arbeitssituation von einem äußeren Standort aus betrachten und sich damit eine Fülle von Informationen erschließen kann. Dabei hat er die Wahl, persönliche Aspekte direkt anzusprechen und zu benennen, oder aber diese verschlüsselt und verdeckt zu bearbeiten (vgl. Kap. 3.4.3). Wenn Klienten verschiedene Plätze der Aufstellung nacheinander ein¬nehmen und die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Befindlichkeiten an den verschiedenen Plätzen nachspüren, hat dies häufig eine lösende Wirkung. Oft erscheint eine Art hologrammähnliches Erfahrungsbild mit ganz verschiedenen Wirkungsebenen. (…) Die Aufstellung ermöglicht, alle Ebenen gleichzeitig in den Blick zu bekommen und nacheinander Lösungsschritte zu suchen und zu erproben. (…) Besonders, wenn Faktoren wie die eigenen Ziele oder Ressourcen, die vorher oft gar nicht mehr existent schienen, geschweige denn als wirksam erlebt wurden, erfahrbar werden und ihnen eine wichtige Rolle zugeschrieben wird, festigt sich das Selbstwertgefühl der Aufstellenden oft wieder unmittelbar, und eigene Hand¬lungskompetenzen und eigenständige Handlungsmöglichkeiten werden wieder in Besitz und in Anspruch genommen . Ein weiterer Vorteil der Anwendung von Aufstellungsarbeit im Setting der Einzelsupervision, das zu einer stark reduzierten Vorgehensweise zwingt, besteht darin, dass in einem als überwältigend, unüberschaubar und wirr erlebten Organisationsgeschehen die Komplexität auf umschriebene Ausschnitte und ‚Aufstellungsplätze’ reduziert und das Augenmerk auf wenige Kernthemen beschränkt wird (ebd.). So bietet z.B. eine Organisationsaufstellung einer Supervisandin in der Einzelsupervision die Möglichkeit, den persönlichen und den Organisationsstrukturanteil (z.B. Störungen der Rangordnung, mangelnde Würdigung von Verdiensten oder einen unklaren Aufbau einer Organisation) innerhalb einer relativ kurzen Zeit in den Blick bekom¬men und lösungsorientiert zu bearbeiten.

Über den Autor

Heidrun Gilde, Diplomgeografin, Master of Arts in Personalentwicklung und in Supervision. Seit 1995 arbeitet sie als Organisations- und Managementberaterin in Europa, Lateinamerika und Asien. Ihre Ausbildung zur systemisch-konstruktivistischen Supervisorin absolvierte sie am Institut für Beratung und Supervision in Aachen. Das Interesse an der Verbindung von Supervision und Aufstellungsarbeit entstand durch das Erleben der Aufstellungsarbeit sowie durch ihre Teilnahme am einjährigen Businesstraining in Organisationsstrukturaufstellungen bei Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Organisationsentwicklung, Personalentwicklung, Supervision und Coaching, Projektmanagement, Moderation und Evaluation. Damit ist sie vor allem in der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit sowie in den Bereichen Bildung und Soziale Arbeit in Deutschland tätig. Seit 2005 ist sie Inhaberin der Heidrun Gilde Organisationsberatung & Supervision in Hamburg.

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