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- Mode und Ethik: Eine Studie zu den Verbindungen zeitgenössischer Mode, Ethik und Wirtschaft
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 05.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 124
Abb.: 21
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Die Kombination der Themenkomplexe zeitgenössische Mode, Wirtschaft und Ethik vereint konzeptuelle Widersprüche, die es zu untersuchen gilt. Der Ausgangpunkt ist eine Untersuchung zum Thema Ethical Fashion, einem Phänomen, das sich aktuell in verschiedenen ambivalenten Spannungsfeldern bewegt: einerseits dem Eingeständnis, dass ein praktisches Umdenken in der Produktion und in den Konsum- und Alltagspraktiken der zeitgenössischen Mode aber auch der Wirtschaft und Gesellschaft notwendig geworden ist, andererseits eine gewisse Ohnmacht gegenüber der Umsetzung in einem globalen Kontext und der Beobachtung, dass immer mehr Modefirmen und Unternehmensberatungen Ethical Fashion schon als gewinnbringende Image-, Konzern-, und Markenpolitik vereinnahmt haben. Die Leitfragen, auf diese Spannungsfelder blickend, lauten: Wird der Begriff Ethik in der Modeindustrie überstrapaziert und teils instrumentalisiert und verwertet? Wird über den Trend Ethical Fashion auch ,,Greenwashin betrieben und wie kann man damit umgehen? Sind KonsumentInnen bereit für ethischen Konsumismus und kann Mode produzieren per se jemals ethisch korrekt sein? Was bedeutet ,,ethisch korrekt in einem globalen Kontext?
Textprobe: Kapitel 2.3, Ethischer Konsumismus - ein Mythos? Prinzipiell vertreten die AutorInnen in ‘The Myth of the Ethical Consumer’ den Standpunkt, dass man zwischen sozialen Konsumismus (CnsR) und ethischen Konsumismus unterscheiden sollte, weil letzterer per Definition zu weitläufig, ungenau und moralisch behaftet ist, um etwas anderes sein zu können als ein Mythos. Die Worthülse ‘ethisch’ trägt nach Meinung der AutorInnen zu viel mythologischen Ballast, der abgeworfen gehört. Es gilt im folgenden Abschnitt auf die Konstruktion dessen einzugehen, was wir hier als ethischen Konsumismus verstehen, um ihn anhand verschiedener theoretischer Ansätze als Mythos zu dekonstruieren. Der Anthropologe William Bascom definiert ‘Mythen’ z.B. als Geschichten, die als wahr geglaubt, manchmal heilig konnotiert sind und in der Vergangenheit oder anderen Welten stattfinden, mit übermenschlichen, unmenschlichen oder heldenhaften Charakteren. (Vgl. Devinney et al. 2012:4). Im Sinn der Definition eines Mythos nach Bascom wäre die ethische KonsumentIn zur HeldIn hochstilisiert, die ein unerreichbares Vorbild anstrebt, das sich außerhalb ihrer eigenen Realität und ihres Einflusses bewegt, aber von dem sie glaubt, dass es wahr und zu erreichen ist. Wie viele Beispiele mythischer HeldInnen zeigen, wäre die ethische KonsumentIn verdammt zu scheitern, obwohl ihr Vorhaben im Grunde nobel ist. Übertragen auf unser Wirtschaftsmodell würde ethischer Konsumismus eine ideale Handlungsweise bedeuten, die es zu erreichen gilt. Das Oxford Englisch Dictionary definiert ‘ethisch’ einerseits als verbunden mit moralischen Prinzipien und andererseits als moralisch korrekt (Oxford Online 2013). Diese Definition zeigt deutlich wie problematisch der Begriff ‘ethisch’ ist. Denn wenn man Konsumismus mit Ethik und moralischer Konnotation von schlecht und gut in Verbindung bringt, stellt man schnell fest, dass durch die heutige Globalisierung und die unterschiedlichen Standards keine sinnvolle, einheitliche Aussage über gut und schlecht getroffen werden kann. Das bestätigt auch eine Definition von Ambrose Bierce aus 1911 zum Begriff ‘Moral’: ‘Conforming to a local and mutable standard of right. Having the quality of general expendiency’. Das heißt übersetzt, dass Moral zugleich lokal und variabel ist, aber die Qualität eine allgemeine Zweckmäßigkeit bedienen können muss - ein Widerspruch in sich. (Vgl. Devinney et al. 2012:5). Betrachten wir ethischen Konsumismus bzw. die ethische KonsumentIn im Kontext Roland Barthe’s ‘Mythologies’ von 1927. Wenn man ethischen Konsumismus über Barthe’s Konstruktion sozialer Mythen als Ideologie reproduzierender Mechanismen versteht, kann diese auf drei Ebenen gelesen werden: (1) Die erste Ebene stellt die Konstruktion ‘ethische KonsumentIn’ als ein fiktives Vorbild dar. Obwohl dieses Vorhaben nobel ist, ist es für ein breites Segment der Gesellschaft weder rational noch erreichbar. Dieses Vorbild ist per Definition einzigartig und übersteigt das Gewöhnliche. (2) Die zweite Ebene besagt, dass ethischer Konsumismus deshalb auch ein Mythos ist, weil er die Idealisierung des Themas in den Vordergrund stellt und damit auch die Auseinandersetzung zu unserem existierenden Verhalten fördert. Dabei kommt wieder die Moral ins Spiel, indem die Auseinandersetzung Schuldgefühle zu unserem typischen selbstzentrierten Verhalten hervorruft. (3) Innerhalb der dritten Ebene repräsentiert das Konstrukt der ethischen KonsumentIn ein Vorbild, in dem die Moralität selbst zum Subjekt der Auseinandersetzungen wird. Die Konstruktion dient der permanenten Erinnerung der Kurzsichtigkeit der Gesellschaften, die durch unser derzeitiges Wirtschaftsmodell gefördert wird. (Vgl. Devinney et al. 2012:6). Kai Uwe Hellmann, Professor für Soziologie, entwickelt im Rahmen des Beitrags ‘Der Eigensinn der Konsumenten - Zur Frage der Verantwortung bei der Zurechnung von Konsumentenverantwortung’ eine These mit dem Titel ‘The myth of the Unethical Consumer’. Er bezieht sich durchaus auch auf das eben erwähnte Buch ‘The Myth of the Ethical Consumer’ und beschreibt die Sinnlosigkeit eines reinen gut/schlecht Denkens. Er weist darauf hin, dass aus Perspektive der Konsumsoziologie jeder Konsumakt per se moralisch ist und Konsum immer im Kontext des jeweiliges Lebensstils zu betrachten ist - also innerhalb des Systems, in dem er eingebettet ist. (Vgl. Hellmann 2011:271). Die Autorin Silke Kleinhückelkotten beschreibt diese Lebensstile als Moderatoren des Konsums, ‘das heißt, es gibt Ausprägungsmuster der Faktoren, die in ihrer Grundstruktur und in ihrer Variation in unterschiedlichen Konsumkontexten lebensstiltypisch sind’ (Kleinhückelkotten 2011:152). In Bezug auf ethischen Konsumismus als Konstruktion kommt man zunehmend zu der Überzeugung, dass es keinen Konsens in Bezug auf das, was man unter ‘ethisch’ versteht, gibt. Vielleicht macht es Sinn, von einem kontextorientierten Wandel zu sprechen, der global erfolgen muss. Darüber hinaus bleibt die Frage, ob die Gesellschaft bereit ist, existierende Normen durch Idealbilder mit allen Konsequenzen innerhalb ihrer Lebensstile zu ersetzen, die ethische Kampagnen oftmals proklamieren. Ethischer Konsumismus ist durch seine Charakterisierung ein Mythos, abgesehen von dem Fakt, dass er eine reale kommunikative Funktion innerhalb der Gesellschaft hat, als Modell eines idealisierten Verhaltens. Wir können hier unterscheiden zwischen dem ethischen Konsumismus als Mythos, der als konstruiertes, epistemologisches Phänomen verstanden wird und somit nicht testbar ist, und zwischen dem ontologischen Zugang, ob ein Wesen wie die ‘ethische KonsumentIn’ existiert, was testbar wäre. Die AutorInnen von ‘The Myth of the Ethical Consumer’ möchten betonen, dass sie nicht der Ansicht sind, dass alle KonsumentInnen nur vordergründig hedonistisch sind und moralische und persönliche Werte keinen Einfluss auf das Kaufverhalten haben. Der Gedanke des nachhaltigen, ethischen Konsums ist aber nur ein Teil eines größeren Spektrums an unterschiedlichsten Einflüssen, der zu einer Kaufentscheidung führt. Insofern ist die Konstruktion ‘ethischer Konsumismus’ als Mythos zu verstehen, der zwar Vorbildwirkung innerhalb der Gesellschaft hat, aber reell nicht existiert. Nichtsdestotrotz werden Themen wie die globale Systemkrise, endloses Wirtschaftswachstum, unverantwortlicher Konsum und die Notwendigkeit nachhaltigen Wandels in der Gesellschaft, der Öffentlichkeit und den Medien immer öfter erörtert. Erst im Februar 2013 fragt die deutsche Zeitung ‘Die Zeit’ in ihrer Titelzeile ‘Wie viel braucht der Mensch? Ewiges Wirtschaftswachstum macht nicht glücklich, ewiger Konsum auch nicht. Was dann? Ein Ausblick in die Welt des Weniger’ (Die Zeit 2013). Aktuelle Beiträge wie dieser, aber auch ein vermehrtes Aufkommen der Themen in der Literatur oder Dokumentationen im Fernsehen zeigen, dass es viele zeitgenössische Überlegungen zu anderen, ethischen Konsumpraktiken gibt - unabhängig davon ob diese direkt als ‘ethisch’ bezeichnet werden - oder dass die darin enthaltenen Themenkomplexe in den industrialisierten Gesellschaften immer wichtiger werden. Wenn man einmal feststellt, dass ethischer Konsumismus nur eine unerreichbare Konstruktion darstellt, fragt man sich, wie sich unser globales System im Hinblick auf Konsum wandeln könnte. Hier gibt es viele Lösungsansätze und Konstruktionen, von denen ich einige hier anschneiden möchte. Einige Zugänge sind utopischer und visionärer, andere gehen eher vom Bestehenden aus. Grundsätzlich finde ich es wichtig, sich mit aktuellen Kontexten bewusst auseinanderzusetzen, um Alternativen entwickeln zu können. Gleichzeitig muss man visionär denken, um nicht in den eigenen Konstruktionen gefangen zu bleiben.
Mag. art. Buxbaum, Marie-Sophie BA, 1988 in Paris geboren, lebt und arbeitet in Wien. 2009 schloss sie ihr Modestudium an der Modeschule Hetzendorf mit einer Arbeit zu Fair Fashion Design ab. Ihre Diplomkollektion Schulbekleidung für Kinder in Kenya positionierte sie schon damals abseits klassischen Fashion Designs. 2013 beendete sie ihr zweites Studium am Institut für künstlerisches Lehramt an der Akademie der Bildenden Künste Wien mit der Arbeit Ethical Fashion? Mode im Kontext Ethik. ab. Parallel dazu assistiert sie im Architekturbüro smartvoll , unterrichtet als Lehrerin an der Schule Bildnerische Erziehung und Textiles Gestalten und arbeitet als unabhängige Kunst- & Kulturvermittlerin.
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