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- Markenpolitik im schienengebundenen Personenverkehr: Eine qualitative Untersuchung aus der Perspektive des Unternehmens Thalys International SCRL
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Verlag:
disserta Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 10.2014
AuflagenNr.: 1
Seiten: 500
Abb.: 55
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Das Unternehmen Thalys ist ein Joint Venture der Deutschen Bahn (DB), der belgischen Staatsbahn SNCB-NMBS sowie der französischen Staatsbahn SNCF. Die Deutsche Bahn (DB) und die französische Staatsbahn (SNCF) bieten unter den Marken ‘ICE’ (DB) und ‘TGV’ (SNCF) jedoch Dienstleistungen an, die sich mit denen der Marke Thalys teilweise überschneiden. Thalys, ICE und TGV stehen daher in einer Konkurrenzsituation, die aus Perspektive des Unternehmens Thalys suboptimal ist. Eine Bündelung der Dienstleistungen aller drei Unternehmen auf eine einzelne Marke Thalys erscheint sinnvoll, jedoch nur dann, wenn diese als eigenständige Marke mit starker Überlegenheit bei der Erfüllung von Kundenbedürfnissen (=‘Superiorität’) wahrgenommen wird. Um das Vorliegen einer solchen Superiorität bei Thalys prüfen zu können, stellt diese Studie die subjektive Wahrnehmung der Marke in den Mittelpunkt. Letztere wird im Rahmen einer empirischen Studie durch die qualitative Befragung von Thalys-Kunden ermittelt.
Textprobe: Kapitel 2, Markenpolitik: 2.1, Homo Oeconomicus als Ausgangspunkt der Markenpolitik: Wenn man die Prämissen des Homo Oeconomicus als gegeben annimmt, die im Grundsatz davon ausgehen, dass der Mensch ausschließlich rational handelt, dann wäre das Marketing überflüssig, weil es darauf ausgerichtet ist, den Kunden emotional anzusprechen: ‘Alle sind sich einig [Marketing- und Werbepraxis], dass der Konsument nicht wie ein ‚Homo Oeconomicus', sondern ‚aus dem Bauch heraus' entscheidet.’ (Felser, 2007, S. 557). Daher lassen sich gerade aus der Diskrepanz zwischen diesem Modell und der Wirklichkeit die Ansatzpunkte des Markenkonstrukts ableiten. Ziel des Modells ist es, menschliches Verhalten begreif- und nachvollziehbar zu machen sowie es zu antizipieren. Es unterstellt ein streng rationales, statisches Reaktionsmuster, im Rahmen dessen der Mensch nur auf äußere Veränderungen reagiert, selbst jedoch nicht agiert. Sechs Postulate begründen das Modell des Homo Oeconomicus (Göbel, 2006): (1) Individualprinzip: Ausgehend von seinen spezifisch statischen Präferenzen, die dem Individuum wiederum einen ganz individuellen, und somit nicht objektiv vergleichbaren, Nutzen stiften, erfolgt die Produktwahl hinsichtlich der persönlichen (Nutzen-)Präferenzen. (2) Prinzip der Problemorientierung: Es wird unterstellt, dass das Individuum in vollkommener Kenntnis seiner Präferenzen und Alternativen ist und sein Entscheidungsmodell entsprechend valide modellieren kann. (3) Prinzip der Trennung zwischen Präferenzen und Restriktionen: Während die Präferenzen des Individuums als stabil angenommen werden, ist von einer Veränderung der äußeren Gegebenheiten (Restriktionen) auszugehen. Verhaltensveränderungen sind somit eindeutig den veränderten äußeren Bedingungen anzulasten. Das Individuum ist bestrebt im Sinne des ökonomischen Maximierungsprinzips unter den gegebenen Umständen, diese für sich zu wählen. (4) Rationalitätsprinzip: Ungeachtet der möglichen Folgen wählt das Individuum die subjektiv nutzenmaximierende Alternative. Die Rationalität bemisst sich also ausschließlich am subjektiven Nutzen, zur Charakterisierung des Homo Oeconomicus reiche ein ‘intendiert rationales oder eingeschränkt rationales Handeln’ (Göbel, 2006, S. 48) bereits aus. (5) Prinzip der Nicht-Einzelfallbetrachtung: Ökonomische Modelle zielen auf die Erklärung allgemein beobachtbarer Phänomene ab und sollten sich auf eine größere Gesamtheit anwenden lassen, sprich eine entsprechende Validität aufweisen. Da die Nutzenstiftung jedoch von Individuum zu Individuum – ausgehend von seinen individuellen Bedürfnissen – divergiert, sind lediglich Aussagen über ein ‘tendenzielles Verhalten’ (Göbel, 2006, S. 48) zulässig. (6) Prinzip des methodologischen Individualismus: Dieses Prinzip lehnt sich stark an die Kulturdimension des Individualismus an und postuliert, dass das Individuum stets seine eigenen Interessen verfolge und diese die Grundlage sozialer Interessen stifte. Während beispielsweise Hofstede & Hofstede (2006) feststellen, dass es kulturell gelernte Werte sind, die das Erstrebenswerte determinieren, wird hier davon ausgegangen, dass die Verfolgung gemeinsam getragener Ziele in den individuellen Zielen des Individuums begründet liege. Gleichzeitig erfordert dies jedoch eine gewisse Vereinbarkeit der individuellen Ziele, die in den kulturellen Werten begründet sein könnte, sodass auch eine wechselseitige Verflechtung nicht auszuschließen ist: ‘In dieser Dimension [= Hofstedes Beschreibung von Werten] sind Werte allerdings kaum noch von Einstellungen zu unterscheiden. Während wir unter Einstellungen bewertende individuelle Überzeugungen verstehen, die sich in Form von Ablehnung oder Zustimmung auf konkrete Objekte bzw. Situationen beziehen, repräsentieren Werte kollektive Überzeugungen bezüglich der Wichtigkeit und Verbindlichkeit von Ordnungsprinzipien (wie Freiheit, Gleichheit, Leistung, etc.) für die Gestaltung aller oder ausgewählter Lebensbereiche’ (Müller & Gelbrich, 2004, S. 302). Es sind kollektiv geprägte Einstellungen, welche die Interessen des Individuums determinieren, sodass die vom Modell geforderte Hierarchie von individualistischen und kollektiven Werten nicht zu rechtfertigen ist. Es kann zusammenfassend festgehalten werden, dass eine hinreichende Validität des Modells die Institution des Marketings als überflüssig erscheinen lassen würde: Zwar lässt sich das Individualprinzip als solches – zumindest in individualistisch geprägten Ländern – nicht falsifizieren, statische Präferenzen können jedoch allein schon durch situative Einflüsse ausgeschlossen werden: So wird dasselbe Individuum, welches spontan einen Geschäftstermin in einer anderen Stadt (= Restriktion) wahrnehmen muss, einen höheren Preis zu zahlen bereit sein, als wenn es um einen privaten Besuch eines Freundes handelt, auch wenn die Transportleistung als solche dieselbe bleibt. Eine weitere Frage stellt sich darin, ob die jeweils gewählte Alternative nutzenoptimierend ist. So kann im Voraus weder der Nutzen des Termins antizipiert werden, noch ist davon auszugehen, dass in einer Gesellschaft des Informationsüberflusses alle Alternativen bekannt sind und verarbeitet werden können. Dies impliziert die Problematik der suboptimalen Entscheidung im Kontext divergierender Präferenzen und Restriktionen. Es stellt sich ferner auch die Frage der Entscheidungsrelevanz, die nach Meinung des Verfassers dieser Arbeit eine determinierende Wirkung auf das Involvement des Konsumenten ausübt. Gerade bei geringem Involvement handelt das Individuum tendenziell zunehmend irrational und wird zunehmend empfänglicher für emotionale Einflüsse. Nur selten lassen sich diese – unter Kostengesichtspunkten - im Rahmen einer ‘One-to-one’- Vermarktung durchsetzen, sodass es sich empfiehlt relativ homogene Bedürfnisse zu clustern gewissermaßen erfährt somit das Prinzip der Nicht-Einzelfallbetrachtung auch im Marketing Berücksichtigung. Genau hier setzt die Markenpolitik an, indem die Marke dem Individuum das Gefühl suggeriert, eine subjektiv plausible Entscheidung - im Sinne des Homo Oeconomicus - getroffen zu haben: Die bestehenden Diskrepanzen des Modells zur Wirklichkeit werden durch das Konstrukt Marke entschärft. So ist dem Individuum die Marke in der Regel bekannt, sodass er ihre Nutzenstiftung ex ante – hinsichtlich seiner nicht zwangsläufig statischen Präferenzen – beurteilen kann. Das Vertrauen in die Marke verschafft dem Individuum eine gewisse Sicherheit, die ein gefühlt rationales Verhalten bedingt. Die Rahmenbedingungen des Homo Oeconomicus wären somit tendenziell erfüllt, dies muss jedoch vor dem Einfluss einer weiteren, potenziellen Störvariablen betrachtet werden: Der (subjektiven) Markenwahrnehmung. Um diese analysieren zu können, ist zunächst eine Auseinandersetzung mit dem Konstrukt ‘Marke’ und seiner marketingtechnischen Nutzung (= Markenpolitik) erforderlich: ‘Marketing und Markenmanagement will so komplizierte ‚Systeme' wie Menschen verstehen. Dabei ist der Mensch ein ‚Nischenwesen', ein Hybrid, der nicht nach einem Rezept allein funktioniert und bei dem es auf viele verschiedene Dinge ankommt. (…) Es hilft nicht, man muss sich die Mühe machen und nach den Bedingungen forschen, wann welches Verhalten zu erwarten ist, wann welches Verhalten zu erwarten und wann welche Entscheidungsstrategie Erfolg verspricht.’ (Felser, 2007, S. 568). 2.4, Markenwahrnehmung und ihre Determinanten: Entscheidend für den (wirtschaftlichen) Erfolg einer Marke ist deren (subjektive) Wahrnehmung seitens des Kunden: ‘Nicht das objektive Angebot bestimmt das Verhalten der Konsumenten, sondern das subjektiv wahrgenommene Angebot. Es genügt nicht objektive Leistungen anzubieten. Es muss auch dafür gesorgt werden, dass diese Leistungen von der Umwelt wahrgenommen werden.’ (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 270). Die Wahrnehmung kann – im Kontext eines Informationsüberangebots – als (Pre-)Selektion charakterisiert werden, welche durch die Aufmerksamkeit gesteuert wird. Mit Informationsüberangebot ist gemeint, dass das Angebot an Informationen größer ist als die zur Verfügung stehenden Verarbeitungskapazitäten: ‘Ein zentrales Phänomen ist die Informationsüberlastung in Gesellschaft und Wirtschaft. Darunter versteht man den Anteil der beobachteten Informationen am gesamten Informationsangebot.’ (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 125). Die Aufmerksamkeit fungiert somit als Filter auf die einströmende Informationsflut, indem nur ausgewählte Informationen verarbeitet werden und ist zugleich eine Reaktanz auf die Informationsüberbelastung. Durch die Aufmerksamkeit, d. h. die – mehr oder wenige – bewusste Attribution der Informationsverarbeitungskapazitäten – werden verschiedene Informationen nicht wahrgenommen. Kroeber-Riel & Weinberg (2003, S. 268 f.). definieren den Begriff wie folgt: ‘Wahrnehmung ist ein Informationsverarbeitungsprozess, durch den das Individuum Kenntnis von sich selbst und von seiner Umwelt erhält. (…) Wahrnehmung ist nicht nur eine passive Aufnahme von Reizeindrücken, die ‚von außen' kommen, sie ist ein aktiver Vorgang der Informationsaufnahme und -verarbeitung, durch den sich der Einzelne seine subjektive Umwelt selbst konstruiert’. Kroeber-Riel & Weinberg (2003) sehen die Markenwahrnehmung nur als erste Selektionsstufe, derer sich die Akzeptanzfrage anschließt, also die bewusste Entscheidung für bzw. gegen die Marke. Im Endeffekt beschränkt sich die Markenwahl dann auf die akzeptierten Marken. Für die Markenwahrnehmung ist die Markenidentität, im Rahmen derer das gesamte Unternehmen die Entstehung eines kundenseitig kohärenten Markenimages generiert, ebenso entscheidend, wie die Präsentation des Produktes im Rahmen der Markenarchitektur auf dem Markt. So können beispielsweise Produkte von den Images bereits im Markt etablierter Marken profitieren, wenn diese als zusammengehörig präsentiert werden. Hierbei ist es wichtig, die kollektive Basis – ihres Zeichens die Kultur – als Chance und als Risiko zugleich zu begreifen, denn diese prägt die Persönlichkeit in ihren Einstellungen, die zugleich einen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmung haben. Zugleich bietet sie damit aber auch die Basis für den Aufbau eines kollektiv geteilten Vorstellungsbildes über die Marke. Dieser Logik folgend wird im Folgenden zunächst auf Markenidentität, Markenimage und auf das Behavioral Branding als Bindelglied eingegangen, bevor die sich hieraus ergebende Markenarchitektur erläutert wird: Bei der Markenarchitektur bedarf es eines Fit, d. h., die Marken – auch unterschiedlicher Hierarchieebenen – müssen vom Kunden als zueinander passend empfunden werden. Dieses Empfinden ist stark kulturell verwurzelt, sodass in einem Kapitel die kulturellen Implikationen der Markenwahrnehmung zu erläutern sind. 2.4.1, Markenidentität und -image: Markenidentität und Markenimage können als zwei Seiten derselben Medaille verstanden werden, die das Wesen der Marke prägen. Die Markenidentität (= Selbstbild) ist das Vorstellungsbild der Mitarbeiter über die Marke. Dieses Bild wird vom Personal an die Kunden gesendet. Das von den Kunden wahrgenommene Vorstellungsbild wird als Markenimage (= Fremdbild) bezeichnet: ‘In Bezug auf die Auswahl der für die Leistungsbeurteilung wichtigen Bezugsgruppen wurden insbesondere Nachfrager (externe Zielgruppe) und Mitarbeiter (interne Zielgruppe) identifiziert [Joachimsthaler 2002 Keller 2003, zitiert nach Esch, 2008]. Nach dem identitätsbasierten Ansatz bilden diese beiden Gruppen dem maßgeblichen Einfluss auf die Schaffung und Wahrnehmung der Marke’ (Esch, 2008, S. 24). Im Idealfall entsprechen Markenidentität und Markenimage ein und demselben Vorstellungsbild der Marke, d. h. die Marke wird von den Kunden genauso gesehen wie seitens des Unternehmens gewünscht. Esch (2008) weist darauf hin, dass das Vorwissen über eine Marke – die er auch als Form der Kategorie versteht – die Verarbeitung neuer Informationen – nebst situativer Einfüsse – beeinträchtigt. Die Markenidentität erfreut sich erst kürzlicher Betrachtung und wurde erst mit der personellen Ressource, der ihm Dienstleistungsmarketing bereits einen integralen Bestandteil des Marketingmixes als eines der 7 Ps (= Personnel) zugedacht worden ist, entdeckt: ‘Aufgrund des intensiven Kundenkontakts ist die Bedeutung des Selbstbildes in der Dienstleistungsbranche für die Markenwahrnehmung weitaus bedeutender als im Konsumgüterbereich. (…) Das Fremdbild ergibt sich hingegen aus der Perspektive externer Anspruchsgruppen und wird mit dem Image gleichgesetzt.’ (Meffert & Bruhn, 2000, S. 313). Entsprechend wird dort die Belegschaft als ‘interne Kunden’ bezeichnet, denen sich das interne Marketing – seines Zeichens Personalmarketing – widmet. Die Markenidentität beschreibt somit das Selbstbild der Markenvorstellung und wird durch das Fremdbild ergänzt. Letzteres – Markenimage genannt – beschreibt, wie sich die Kunden die Marke vorstellen. Deren Vorstellung war lange Zeit alleiniger Ansatzpunkt des Marketings, wobei heute zunehmend die Bedeutung der internen Sichtweise erkannt und genutzt wird: ‘Beim Selbstbild geht es um die Marke aus Unternehmenssicht, also der Perspektive des Markenbesitzers. Das Selbstbild ist maßgebend für die zielführende Gestaltung der Marketingmaßnahmen. Am Anfang jeder Markenbildung steht somit die Planung und Festlegung des Selbstbildes der Marke, das nach außen getragen werden soll. (…) Das Markenimage (Fremdbild) umfasst alle Vorstellungen, die von einem Konsumenten und weiteren Bezugsgruppen mit dem markierten Produkt, Dienstleistung oder Unternehmen verknüpft werden’ (Herbst, 2005, Herbst 2007 & Herzig, 1991, zitiert nach Schimansky 2007, S. 442). Die Verbindung von Selbst- und Fremdbild ergibt sich direkt aus der Marken-Kunden-Beziehung. So kann das Selbstbild als gesendete Nachricht verstanden werden, welche das Markennutzenversprechen und das Markenverhalten zum Inhalt haben. Ersteres muss die Markenerwartungen erfüllen und Letzteres das Markenerlebnis generieren.
Tobias Klein, geboren 1981, hat nach dem Abitur zwei Jahre lang in Paris gelebt und dort eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert (Abschluss der IHK und des französischen Brévet Technicien Supérieur de Commerce International). Hieran schlossen sich ein Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Interkulturelles Management , Personalmanagement , und Marketing Management , ein Master in Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius in Köln und ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Justus-Liebig-Universität in Gießen an.
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