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- Integration in globale Warenketten - eine Entwicklungschance für Haiti?
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Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 03.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 114
Abb.: 27
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Während der letzten 30 Jahre ging das dynamische Wachstum des Welthandels mit strukturellen, politischen und technologischen Veränderungen einher, die eine Reorganisation der globalen Produktion zur Folge hatten. Eines der Kennzeichen dieser Reorganisation ist die vertikale Desintegration transnationaler Unternehmen. Im Zuge der Globalisierung, die durch die rasante Entwicklung und Verbreitung kostengünstiger Transport- und Kommunikationsmittel gekennzeichnet ist, wurde die räumliche Zerlegung der Produktionsprozesse, insbesondere die Auslagerung von arbeitsintensiven und wertschöpfungsgeringen Produktionsschritten, in Niedriglohnländer zur Erhöhung der Gewinnmargen befördert. Die Produktion findet seither zunehmend in globalen Warenketten statt, die sich über den ganzen Globus spannen. Die Globalisierung der Warenketten, die exportorientierten Wirtschafts- und Entwicklungsstrategien und die Öffnung der Volkswirtschaften für den Welthandel finden ihren deutlichsten räumlichen Ausdruck in der Einrichtung von Exportproduktionszonen (EPZs), vorwiegend in den Ländern des Südens. Aufgrund der geographischen Nähe zum US-Markt wurde der karibische Raum zu einem bevorzugten Ziel des von US-amerikanischen Unternehmen vollzogenen Auslagerungsschritts, vor allem in der Textil- und Bekleidungsindustrie. Am Beispiel der Integration Haitis in die globale Warenkette der Bekleidungsindustrie werden in der vorliegenden Studie, unter Einbeziehung des aktuellen Forschungsstands, einige wichtige Theorien überprüft. Dabei wird die Implementierung von Exportproduktionszonen in Haiti in den Fokus gestellt und das Beispiel der EPZ in der nordosthaitianischen Stadt Ouanaminthe an der haitianisch-dominikanischen Grenze vorgestellt und diskutiert. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen die folgenden übergeordneten Fragen erörtert werden: - Lassen sich durch die Integration in globale Warenketten und somit in den Weltmarkt regionale Disparitäten, die vor allem im Grenzraum sichtbar werden, überwinden? - Ist die EPZ eine Enklave, von der keine Entwicklungsimpulse für das umgebende sozialräumliche Gefüge ausgehen, spitzt sie regionale Disparitäten zu oder unter welchen Bedingungen kann sie solche abbauen? - Unter welchen Bedingungen kann die EPZ eine nachhaltige Position in der Warenkette einnehmen? Unter diesen Fragenstellungen werden die Implementierung der Exportproduktionszone CODEVI (Compagnie Développement Industriel) des dominikanischen Bekleidungsunternehmens Grupo M in der haitianischen Grenzstadt Ouanaminthe seit 2003 und ihre konkreten Auswirkungen (Impact) auf das soziale Umfeld untersucht.
Textprobe: Kapitel 4.3, Die Rahmenbedingungen für Wirtschaftswachstum und Entwicklung: Mit Blick auf die unterschiedliche Entwicklung der beiden Länder spricht Théodat (2004: 40) von einer doppelten Insularität. Nicht nur, dass sich die beiden Länder aufgrund der genannten sozialen und ökonomischen Kennzahlen unterscheiden. Signifikant unterscheidet sich auch die Ausstattung beider Länder mit den für die wirtschaftliche Entwicklung entscheidenden Faktoren. Unternehmen treffen für jedes Segment der Warenkette eine Standortentscheidung, die den angemessenen Produktionsfaktoren eines Segments entspricht und den Organisations- und Technologieansprüchen des einzelnen Warenkettensegments genügt. Das heißt, das Kalkül der Unternehmen besteht darin, räumliche Unterschiede in den Output- und Inputbedingungen zu nutzen (Dicken & Lloyd 1999: 246). Growth Competitiveness Index (GCI): Der Growth Competitiveness Index (GCI) des World Economic Forum (WEF) zeigt kritische Rahmenbedingungen für potentielle wirtschaftliche Unternehmungen auf und analysiert das Potential einzelner Volkswirtschaften, mittel- und langfristig ein ausgeglichenes Wirtschaftswachstum zu erreichen. Untersucht werden Determinanten des wirtschaftlichen Wachstums und von Entwicklung in drei Kategorien: Makroökonomische Rahmenbedingungen, Qualität öffentlicher Institutionen und Stand der Technisierung. Haiti nahm im Bericht von 2003/2004 unter 102 untersuchten Volkswirtschaften den letzten, die Dominikanische Republik den 62. Rang ein (WEF 2004). In den Berichten der folgenden Jahre wird Haiti nicht mehr aufgeführt, die Dominikanische Republik belegte 2007/2008 den 96. Rang unter 131 verglichenen Volkswirtschaften, hat also nach den Maßstäben des World Economic Forum etwas an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt (WEF 2008). Korruption, das Steuersystem und mangelnde Innovationsfähigkeit gehen aus den Berichten als die wichtigsten Gründe hierfür hervor. Standortbedingungen und Constraints des Wachstums in Haiti: Als größte Investitionshemmnisse wurden in einer Befragung unter in Haiti tätigen Unternehmen (World Bank 2006b:14) die fehlende Infrastruktur, der schwierige Zugang zu Finanzierung, die komplizierte Bürokratie, die politische Instabilität und der Mangel an ausgebildeten Fachkräften genannt. - Politische Stabilität ist eine wichtige Bedingung, um dauerhaftes Wirtschaftswachstum zu erreichen, eine qualitative Stärkung der öffentlichen Institutionen ist notwendig, um die Geschäftsbedingungen zu verbessern und den Zugang zu Basisversorgung für die Armen zu schaffen. Haiti ist seit vielen Jahrzehnten notorisch von politischer Instabilität geprägt: Auf die Diktatur der Familie Duvalier folgten 1986 bis 1990 mehrere Umstürze, die Ergebnisse der ersten freien Wahl 1990 wurden durch einen Militärputsch 1991 umgeworfen bis zur Wiedereinsetzung der legitimen Regierung 1994. Zuletzt wurde im Februar/März 2004 der Präsident gestürzt. Seit Juni 2004 hat eine UN-Mission die Aufgabe übernommen, Haiti zu stabilisieren. Während also in dieser Hinsicht die Bedingungen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Haiti problematisch sind, konnte sich in der Dominikanischen Republik seit Mitte der 90er Jahren eine mit Abstrichen stabile Demokratie entwickeln. - Bürokratische Hürden bewirken, dass laut des Doing Business Report der Weltbank von 2006 mehr Zeit vergeht, bis eine wirtschaftliche Unternehmung angemeldet ist und aufgenommen werden kann, als in vergleichbaren Ländern (in Haiti durchschnittlich 203 Tage, in der Dominikanischen Republik 75 Tage World Bank 2006a: 122 127). Die Abwicklung des Exports ist ebenfalls ein langwieriger Prozess in Haiti und dauert dort durchschnittlich 58 Tage, in der Dominikanischen Republik hingegen 17 Tage (World Bank 2006a: 105). - Die institutionelle Schwäche und ein hoher Level an Bürokratie befördern die Verbreitung von Korruption. Im Korruptionsindex des Global Corruption Report (GCR) 2007 von Transparency International nimmt Haiti unter 163 verglichenen Ländern den letzten Platz ein (Transparency International 2007: 330). - Die schwierigen infrastrukturellen Rahmenbedingungen sehen die Unternehmer in Haiti als größtes Problem, um Geschäfte zu machen. Die schlechte infrastrukturelle Ausstattung hat Einfluss auf die Produktivität von Unternehmen. Die marode Verkehrsinfrastruktur und die schlechte und teure Abdeckung mit Elektrizität erschweren die dezentrale Streuung wirtschaftlicher Aktivitäten und die Generierung von backward linkages in peripheren Räumen. Das haitianische Straßennetz erreicht nur ein Drittel der Länge des dominikanischen. Nur 5% des Straßennetzes sind gut Instand gehalten (World Bank 2006b: 17). - Nur 10% der Bevölkerung sind legal ans Stromnetz angeschlossen. Außerhalb der Hauptstadt ist der Anteil noch geringer. Strom steht täglich nur für ein paar Stunden zur Verfügung. Stromausfälle gehören zur Normalität, deswegen müssen Unternehmen auf private Elektrizitätssysteme zurückgreifen. Die Kosten für die Elektrizität für den industriellen Sektor sind im Vergleich mit anderen Ländern entsprechend hoch (IMF 2007: 16). - Der Mangel an (gut) ausgebildeten Arbeitskräften ist eine der größten Hürden für die wirtschaftliche Entwicklung. Nach dem Weltentwicklungsbericht 2006 genießen die Haitianer im Durchschnitt weniger als vier Jahre Schulbildung, 6,7 Jahre in städtischen und zwei Jahre in ländlichen Regionen. 40% der Haitianer verfügen über gar keine Schulbildung, weitere 33% lediglich über die Grundschulbildung Zum Vergleich: In der Dominikanischen Republik liegt die durchschnittliche Zahl der absolvierten Schuljahre bei 7,5 (Word Bank 2006c: 284). Aus den gebildeteren Schichten rekrutiert sich ein bedeutender Anteil der jungen Emigranten, die auf der Suche nach Arbeit in die USA, auf die Bahamas, die Turks & Caicos Inseln oder in die Dominikanische Republik auswandern (King 2005: 159ff.) und somit dem Arbeitsmarkt in Haiti nicht zur Verfügung stehen. Konkurrenzlos ist Haiti hingegen, was die Einschränkung von Arbeitnehmerrechten und die Besteuerung von Unternehmensgewinnen betrifft: Auf dem Rigidity of Employment Index des Doing Business Report, der im Wesentlichen die Einhaltung von Arbeitshöchstzeiten und Kündigungsschutz als ‘Einschränkungen’ wirtschaftlicher Aktivität misst, verzeichnet Haiti lediglich 24 Punkte von 100, die Dominikanische Republik hingegen 44. Derselbe Bericht berechnet die Steuerlast auf Unternehmensgewinne in Haiti auf unter 32%, in der Dominikanischen Republik hingegen auf über 57% (World Bank 2006a: 122 127).
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