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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 07.2013
AuflagenNr.: 1
Seiten: 160
Abb.: 16
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit dem Innovationsverständnis von Hochschullehrenden. Dies ist ein noch unzureichend erforschtes Feld, da der Begriff der Innovation bisher kaum auf die Hochschullehre angewandt wird. Um diese Forschungslücke zu schließen, werden in dieser Untersuchung Begriffe und Modelle, die zum Beispiel aus dem betriebswirtschaftlichen Innovationsmanagement stammen, mit der Hochschullehre in Verbindung gebracht. Im empirischen Teil geht die Untersuchung dazu qualitativ-explorativ vor. Lehrende, die im Innovationsprogramm Gute Lehre im Projekt teach4TU an der TU Braunschweig erfolgreich Lehrkonzepte zur Förderung eingereicht haben, werden in Experteninterviews zu ihrem Innovationsverständnis befragt.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel 3.1.1, Ziele von Hochschullehre im Wandel: Seit Wilhelm von Humboldt in der Aufklärung des frühen 19. Jahrhunderts das Ideal von der ‘zweckfreien Bildung’ (Burtscheidt 2010: 48f.) formulierte, ist die Universität keine gewöhnliche Ausbildungsstätte, es haftet ihr die Idee der ‘Menschenbildung’ an. Die generell formulierten Ziele von Hochschullehre unterscheiden sich dem ‘Neuen Handbuch Hochschullehre’ zufolge (Behrendt, Voss & Wildt 2012: A 3.6-1) in einigen Punkten von den Zielen der Lehre in der Schule: Hochschulen lehren wissenschaftlich abgesichertes Wissen ebenso wie neues, noch ungesichertes Wissen - Letzteres wird kenntlich gemacht, Wissen wird als Erkenntnisprozess erfahrbar gemacht, Hochschulen vermitteln Forschungsmethoden und die Kompetenz, wissenschaftliche Ergebnisse kritisch rezipieren zu können, Hochschullehre ist ein lebendiger wissenschaftlicher Diskurs. Die Veranstaltungsformen sind vielfältig: Vorlesung, Seminar, Kolloquium, Übung und Projekt, um nur einige zu nennen, bilden je nach Fachdisziplin zu unterschiedlichen Anteilen das Studienprogramm (Behrendt, Voss & Wildt 2012: A 1.4-1). Trotz dieser spezifischen Eigenheiten und Erfordernisse war die Hochschullehre lange Zeit nahezu ausschließlich auf die Darstellung von Wissen, nicht aber auf dessen Erarbeitung oder kritische Betrachtung ausgerichtet. Studierende lernten vor allem rezeptiv. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte in Deutschland im Rahmen des Wiederaufbaus zunächst eine Rückbesinnung auf hergebrachte Bildungstraditionen (Jarausch 1999: 60f.). Die folgende Phase zwischen 1965 und 1973 gilt allgemein bildungspolitisch wie auch bezüglich des Hochschulwesens als eine der wichtigsten Reformperioden (Hepp 2011: 123). Ausschlaggebend für ihre Ausprägung in der Bundesrepublik waren nicht zuletzt die Forderungen der Öffentlichkeit und die Kritik am Establishment durch die Studentenbewegung. Eine neue Priorisierung der Bildung im Hinblick auf die demographischen Entwicklungen, hohe staatliche Ausgaben im Bildungs- und Hochschulwesen (Hepp 2011: 124) und die Neugründung von (Reform-)Universitäten sind Charakteristika dieser Zeit (Oehler 1989: 94f.). Die Hochschulreformen in der Bundesrepublik Deutschland in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre, z. B. die Änderungen am HRG 1976, strebten eine umfassende Gleichberechtigung aller Bevölkerungsgruppen in Bezug auf ihre Bildungschancen an (Meyer 2011: 51) und besannen sich damit zumindest formell auf ein humanistisches Bildungsideal (Burtscheidt 2010: 83f.). Unter dem Eindruck steigender Studierendenzahlen (Turner 2001: 27), des Aufbruchs in das technologische Zeitalter durch Elektronik auch im Lehrbetrieb und vor dem Hintergrund der von wirtschaftnahen Kräften in der Regierung ausgerufenen ‘geistig-moralischen Wende’ wurde ideell bereits in den 1980er-Jahren (Burtscheidt 2010: 87) eine Vermarktwirtschaftlichung der Bildung eingeleitet (Frielingsdorf 2012: 42). Die Rolle des Studierenden wurde nun in die eines Kunden umgedeutet, die Rolle des Lehrenden in die eines Anbieters (Meyer 2011: 60). Durch diesen Trend fand eine Art Konsolidierung der zuvor angestoßenen Entwicklungen statt, die eine freie Lehre zum Ziel hatten. Auch durch die Bologna-Reform wurde dann in Deutschland ab Beginn der 2000er-Jahre eine Standardisierung vieler Prüfungsformen, Lehrinhalte, Lehrformen und des abzuprüfenden Wissens eingeleitet (Hill 2012: 287ff.). Sie nahm damit die politische Agenda der 1990er-Jahre auf. Nach Hepp (2011: 248) hat sie ‘wie keine andere Reform im akademischen Bildungswesen seit dem 19. Jahrhundert [...] innerhalb nur eines Jahrzehntes die Studienlandschaft radikal verändert.’ Teilweise wurde diese Entwicklung auch als ‘Verschulung’ der Studiengänge beschrieben, vor allem in den neu erschaffenen Bachelor-Studiengängen (Meyer 2011: 54). Zugleich wurden mit dem Lernziel der Kompetenzentwicklung (Reiber 2012: 112) jedoch explizit Ergebnisse eingefordert, die durch eine aktive und reflexive Art des Lernens entstehen. Mittlerweile gibt es in vielen Fächern, auch den nicht-technischen, mehr Rückkopplung mit der Praxis oder der Industrie, was auch politisch gefordert und forciert wird. Sichtbar wird dies in der immer stärkeren Verzahnung von Praxisphasen im Studium (Krauß-Leichert 2010: 169). Es bleibt festzustellen, dass die Hochschulpolitik durchaus widersprüchliche Förderanreize setzt, die einerseits die einstmals freie Lehre stärker standardisieren wollen, andererseits eine Verbesserung der Situation der Studierenden zum Ziel haben. Der Stand heutiger Debatten greift die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte auf und versucht sie vor dem Hintergrund der vollzogenen Umstellung der Studiengänge umzusetzen. Eine bedeutende Entwicklung ist die Verschiebung vom Lehren zum Lernen, der shift from teaching to learning. Ziel ist die stärkere Einbindung der Studierenden, die dadurch aktiviert werden sollen. Die Hochschullehre der heutigen Zeit wird als eine aktivierende, wertschätzende gesehen. Winteler (2005: 170) macht in diesem Zusammenhang ‘seit den 90er-Jahren erste Anzeichen für eine Veränderung hin zu einer modernen Auffassung des Lehrens und Lernens an der Hochschule’ aus. Winteler beschreibt einen Wechsel vom Lehr- zum Lernparadigma. Die Aufgabe der Lehrenden in Hochschulen wird ‘nunmehr darin gesehen, Lernumgebungen zu schaffen, in denen studentisches Lernen ermöglicht und erleichtert wird.’ Mithin macht er einen Raum für mögliche Sozialinnovationen aus, die sich in einer Veränderung der Herangehensweise der Hochschullehrenden ausdrücken könnten. Inwieweit diese Aussagen der Empirie entsprechen, wird der empirische Teil dieser Untersuchung näher ergründen. Das Finden und Lösen von Problemen gewinnt durch verschiedene Formate an Wichtigkeit in der Hochschullehre. Beim problembasierten Lernen versuchen die Lernenden in einem begleiteten Prozess (Behrendt, Voss & Wildt 2012: C 1.4-1) zunächst das Problem zu erfassen, anschließend formulieren sie Hypothesen, identifizieren ihre Wissenslücken, führen Recherchen und gegebenenfalls Experimente durch, skizzieren Lösungsmöglichkeiten und definieren die Lösung, die für das gestellte Problem am angemessensten erscheint. Durch ihre Analysen und Lösungsversuche entwickeln sie kritisches Denken und eignen sich neben inhaltlichem Wissen den social skill des Zusammenarbeitens in der Gruppe an (Markowitsch, Messerer, & Prokopp 2004: 85f.). Auch der Trend weg vom Frontalunterricht hin zum forschenden Lernen verstärkt sich: Dabei denken sich Schüler oder Studenten eigene Fragestellungen aus, überlegen sich eine Methode und setzen das Projekt selbstständig um. Forschendes Lernen soll die Gefahr der Entkopplung von Forschung und Lehre dadurch bannen, dass jeder Studierende als Forschender gesehen wird. Die Eigenaktivität soll also gestärkt werden, gerade in Abgrenzung zu traditionellen Vermittlungssituationen im Sinne der Belehrung und in Form des Frontalunterrichts (Münte-Goussar 2009: 149). Auch das forschende Lernen steht damit für die allgemein zu beobachtende Entwicklung, die universitäre Lehre aktiver zu gestalten.

Über den Autor

Lorenz Strittmatter, M.A. wurde 1985 in Hamilton in den Vereinigten Staaten geboren. Der Autor studierte an Universitäten in Konstanz, Toulouse und Braunschweig unter anderem Politikwissenschaft, Organisationsforschung und Personalmanagement. Seine beiden Forschungsschwerpunkte sind die Innovationsforschung und die betriebliche Mitbestimmung. Neben Tätigkeiten in der Automobil- und Logistikbranche im In- und Ausland war und ist Lorenz Strittmatter Mitarbeiter der TU Braunschweig in mehreren Hochschullehrprojekten. Am Kompetenzzentrum Hochschuldidaktik für Niedersachen (KHN) war er an der Durchführung des multimedialen Lehrpreises campusemerge beteiligt. Seit 2012 ist der Autor Mitarbeiter im BMBF-Projekt teach4TU – Lehren Lernen im Team . Inspiriert von dieser Tätigkeit ist die vorliegende Untersuchung über das Innovationsverständnis von Hochschullehrenden entstanden.

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