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Produktart: Buch
Verlag:
Diplomica Verlag
Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH
Hermannstal 119 k, D-22119 Hamburg
E-Mail: info@diplomica.de
Erscheinungsdatum: 04.2016
AuflagenNr.: 1
Seiten: 132
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Bei allen Streitpunkten in der interdisziplinären Innovationsforschung gilt es als Fakt, dass der Schlüssel für internationalen Wettbewerb und einen erhöhten Standortvorteil der Innovation zugesprochen wird. Innovation bildet auf der individual- oder kollektiven Ebene das Fundament für wirtschaftlichen Erfolg in einer zunehmend wirtschaftlich komplexen und verbundenen Welt. Diese Arbeit widmet sich den Strukturen von ökonomischen Akteuren bei der Kombination von unterschiedlichen Wissensbasen. Zwar haben Strambach und Klement in ihrer Studie (Strambach & Klement 2013) anhand von qualitativer Forschungsmethoden versucht, einige der erklärende Faktoren aufzuzeigen, doch bleibt zu untersuchen, ob die offenen Fragen und ihre Ergebnisse auch in einer quantitativen Studie beantwortet bzw. bestätigt werden. Die Forschungsfragen sollen hierbei sein: Welche Unterschiede gibt es zwischen den kumulativen und kombinatorischen Wissensdynamiken? Inwieweit können bei einer kombinatorischen Wissensdynamik verschiedene Nähe-Formen Interaktionsprozesse überbrücken? Welche Gewichtung kommt hierbei den verschiedenen Faktoren zu? Diese Fragen sollen mithilfe einer logistischen Regression in der Studie beantwortet werden. Hierbei sollen die Unterschiede zwischen kumulativen und kombinatorischen Wissensdynamiken verdeutlicht werden. In dieser Untersuchung wird ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, inwieweit die kognitive Distanz der kombinatorischen Wissensdynamiken durch räumliche, institutionelle oder organisatorische Nähe kompensiert wird. Neben der Frage, welche Rolle die organisatorische, institutionelle und räumliche Nähe in Akteurs-Netzwerke der Automobilindustrie bei alternativen Antriebssystemen spielt, wird außerdem die zeitliche Entwicklung der Prozesse näher betrachtet.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel: 3. Fallbeispiel: Alternative Antriebssysteme in der Automobilindustrie Um die Komplexität der theoretischen Einflüsse auf die Wissensdynamiken näher zu untersuchen, bedarf es einer Einschränkung der Datenlage. Jede Branche verfügt über andere Akteure, andere Innovationsprozesse, eine andere Gewichtung der Wissensbasen und anderen organisatorische Strukturen. Daher erweisen sich die Erschaffung, Teilung, Transformation und Verbreitung von Wissen innerhalb einer Branche auf globaler Ebene oft homogener als die Betrachtung einer nationalen Ökonomie (Munoz & Ecinar 2008). In den folgenden Abschnitten soll ein Einblick in die Automobilbranche gegeben werden, sodass die Akteure, die vorherrschenden Strukturen sowie die ökonomischen und technologischen Trends in der Branche in der Studie berücksichtigt werden. Das Erschließen der Hintergründe soll zu einem besseren Verständnis der Daten und deren Auswertung führen. Des Weiteren kann anhand der kurzen Analyse bereits eine erste Reflektion der Theorie vollzogen werden. Wie in Kapitel 2.4 bereits erwähnt, ist die Wissensbasis der Automobilindustrie stark von synthetischem Wissen geprägt. Die Innovationen sind häufig Weiterentwicklungen von bestehenden Produkten, radikale Innovationen sind eher selten. Dennoch werden durch verändernde Kundenbedürfnisse, regulierende ökologische Gesetzesentwürfe und der Verknappung der Ressourcen ein langfristiges Umdenken und radikale Innovationen notwendig (Graham 2010). Teile dieses Umdenkens sind die alternativen Antriebssysteme. So werden in dieser Studie anhand der alternativen Antriebssysteme in der Automobilindustrie die Unterschiede zwischen kumulativen und kombinatorischen Wissensdynamiken untersucht, da die Technologien für die Entwicklungen alternativer Antriebssysteme eine Komplexität aufweisen, die oftmals eine Mischung von synthetischem und analytischem Wissen erfordert. Außerdem stellt die Automobilindustrie einen Pionier in der Globalisierung der Produktion dar, so ist in der heutigen Zeit kaum eine Branche hinsichtlich ihrer Produktion internationaler (Humphrey & Memedovic 2003). Daher ist es ebenfalls interessant, inwieweit in dieser Branche im Innovationsprozess Wissen bei einer räumlichen Distanz fließen kann. 3.1 Kurzer historischer Abriss zur Entwicklung der Automobilindustrie seit den 1970er Jahren: Die Automobilindustrie kann repräsentativ für die Massenproduktion und das Konsumverhalten des 20. Jahrhunderts betrachtet werden. So wurde in den ersten 80 Jahren die komplette Produktion von großen Fabriken und einer tayloristischen Produktionsweise dominiert (Womack et al. 1990). Doch ab dem Ende der 1970er Jahre kam das fordistische Akkumulationsregime in die Krise. Infolge der Krise ergab sich eine Umstrukturierung der nationalen Ökonomien. Kern der Krise war eine Verbindung des strukturellen Rückgangs der Kapitalrentabilität in den Metropolländern mit einer wachsenden Destabilisierung der internationalen Regulation (Bonefeld 1997). Durch steigende Löhne in den Industrienationen und das Erstarken von neuen ökonomischen Akteuren auf den Märkten verfügten die fordistischen Staaten nicht über ausreichende Produktivitätsreserven für den Erhalt des keynesianischen Wohlfahrtstaates (Hirsch 2002). Hinzu kam, dass die übermäßige Ausdehnung unproduktiver Tätigkeiten in der Verwaltung der Unternehmen anstieg und kostenintensiver wurde. Darüber hinaus bauten die Arbeiter einen passiven Widerstand gegen den monotonen und intensiven Arbeitsprozess des Fordismus auf (Hirsch & Roth 1986). Während im Fordismus die Unternehmen fast ausschließlich für den nationalen Markt produzierten, erzeugten andere Nationen wie z. B. Japan ihre Produkte für den Export. Zusätzlich wurde die Ökonomie der fordistischen Staaten durch den Aufstieg von Schwellenländern bedroht, da diese Produkte aus Sektoren mit niedrigem Technologisierungsgraden wesentlich billiger herstellen konnten. Durch neue Technologien im Transportwesen (z. B. die Einführung des Containers) und den Informationsund Kommunikationstechnologien wurde der Aufbau einer globalen ökonomischen Aktivität möglich. So ermöglichten diese Technologien erst eine Internationalisierung der Wirtschaft und erweiterten den Raum für soziale und ökonomische Kommunikation. Die effiziente Nutzung der neuen Technologien erforderte neue Qualifikationen, sodass die Bedeutung des Faktors Wissen und der Informationsverarbeitung anstieg (Schamp 2000). Eine besondere Rolle spielte auch bei diesem Umbruch die Automobilindustrie. Während die Automobilkonzerne in den USA der Arbeitsorganisation des Fordismus unterlagen, gerieten sie ab den 1980ern unter ökonomischen Druck durch japanische Unternehmen. Das Unternehmen Toyota gilt für die neue Arbeitsorganisation als Vorreiter. Dem Konzern war es mit ihrer neuen Arbeitsorganisation möglich, die Effekte der economies of scale (Effekt der Skalenerträge) mit denen der economies of scope (Verbundeffekt) zu kombinieren. Die japanische Arbeitsorganisation etablierte sich unter dem Namen Toyotismus und nutzte die lean production. Diese Produktionsart ist durch eine Zerlegung des Produktionsprozesses außerhalb des Werkes gekennzeichnet. Dadurch wird eine flexiblere und individuelle Produktion möglich, ohne die Vorteile der Massenproduktion zu verlieren. Durch eine just-in-time Anlieferung der weiter zu verarbeitenden Module kann die Lagerhaltung stark reduziert und nur auf Nachfrage produziert werden. Hinzu kommt, dass seit dem Umbruch Arbeitskräfte flexibler eingesetzt werden und in Teams arbeiten (Gambino 2007). Die Module des Produktes werden von externen Zulieferern angefertigt und können durch Computer auf Qualität und Standort kontrolliert werden. Durch diese neue Netzwerkstruktur werden lokale Cluster und der Wissensaustausch gefördert (Schamp 2000). Während des ökonomischen Wandels veränderte sich auch die Konsumnachfrage der Bevölkerung. Durch einen verstärkten, aufkommenden Individualismus in Kulturströmungen war die Nachfrage nach flexiblen, nicht-standardisierten Produkten hoch (Gartman 1998). Um auf diese Nachfrage reagieren zu können, mussten die fordistischen Unternehmen während der Krise ihre Arbeitsorganisationen anpassen. Es wurden dabei eine Neuausrichtung der Produktionssysteme vorgenommen und neue Strukturen mit Zulieferern gebildet (Schamp 2000). Nachdem die Märkte in der Triade stagnierten, mussten neue Märkte erschlossen werden (Richter & Hartig 2007). In den BRICS-Staaten, vor allem in China und Indien, können bis zum heutigen Tag die größten Absatzsteigerungen verzeichnet werden. Um eine gute Anpassung an den regionalen Markt zu bekommen, mussten Produktionsstätten vor Ort errichtet und das Land funktional integriert werden (Sturgeon et al. 2009). So wurde zum Beispiel in Mexiko das Hauptdesign des VW Beetle entworfen oder Zusammenarbeiten von VW mit Skoda in Tschechien vollzogen (Humphrey & Memedovic 2003). Nach der Umstrukturierung erlebte die Automobilindustrie einen neuen Boom der Fahrzeugproduktion. So konnte die Fahrzeugproduktion von 33 Millionen in 1975 auf 73 Millionen in 2007 gesteigert werden (Sturgeon et al. 2009). Mit dem Beginn der globalen Finanzkrise im Jahr 2007 sollte dieser Boom jedoch gestoppt werden (Bailey et al. 2010), sodass die Fahrzeugverkäufe massiv einbrachen und sich die Automobilindustrie erst seit einigen Jahren wieder normalisierte (Winterhoff et al. 2009). Die Gewinne der neu erschlossenen Märkte erwiesen sich dabei nicht als groß genug, um die Verluste in der Triade zu kompensieren (Richter & Hartig 2007). In vielen der OECD-Staaten wurden Aktionen zum Schutz der Auswirkungen auf die Automobilindustrie unternommen. Als Beispiel seien hier die Rettung von General Motors durch den amerikanischen Staat oder die Einführung der deutschen Abwrackprämie genannt (Graham 2010). Trotz des Schutzes kam es zu einigen Übernahmen (s. Kapitel 3.2) und Konkursen in der Branche. Hieraus ergaben sich massive Investitionsschwierigkeiten und Ausgaben für die Forschung wurden reduziert (Stanford 2010). Dennoch muss angemerkt werden, dass die OEMs seit den 1970er Jahren eine stetig steigende Zahl von Innovationen erzielen konnten (Beaume et al. 2009). Die Finanzkrise traf die Automobilindustrie besonders schwer, da sich zur gleichen Zeit erneut die Nachfragebedürfnisse der Kunden geändert hatten und die Politik neue Gesetzesentwürfe zur Regulierung der CO2 Werte erließ (Winterhoff et al. 2009).

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