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  • Die Behandlung des cash pooling vor und nach dem MoMiG: Alte und neue Probleme bei der Anfechtung aufsteigender Darlehen nach § 135 InsO

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Produktart: Buch
Verlag: Igel Verlag
Erscheinungsdatum: 09.2014
AuflagenNr.: 2
Seiten: 44
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback

Inhalt

Seit 1892 gibt es in Deutschland die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Im Jahr 2006 begann die größte Reform ihrer Geschichte. Nach über zweijähriger Diskussion trat 2008 das ‘Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen’ (MoMiG) in Kraft. Eine der vielen Neuerungen, die dieses Gesetz brachte, betrifft Kredite, die ein Unternehmensteilhaber seinem Unternehmen gewährt (sog. Gesellschafterdarlehen). Das passiert besonders häufig in Fällen der Konzernfinanzierung, wo Mutter- und Tochtergesellschaften einander wechselseitig Kredite geben. Dafür haben Finanzierungsexperten ausgeklügelte Verrechnungssysteme entwickelt (sog. cash pooling), die durch das MoMiG aus dem Gleichgewicht zu geraten drohten. Die vorliegende Studie untersucht alte und neue Probleme bei der Anfechtung aufsteigender Darlehen nach § 135 InsO und zeigt auf, dass das MoMiG anders als teilweise befürchtet kein ‘Todesstoß’ für das cash pooling war, weil sich auch die vom Gesetzgeber nicht bedachten Probleme praxisnah dogmatisch lösen lassen.

Leseprobe

Textprobe: Kapitel b, Weitere Auswirkungen der GmbHG-Reform: aa, Existenzschutz: Geschäftsführerhaftung: Das rein vermögensbezogene Kapitalschutzsystem schützt die Gesellschaft nicht vor planmäßigem Entzug ihrer Liquidität. Deshalb hat der BGH eine Haftung für sog. Existenzvernichtende Eingriffe entwickelt und etwa alle sieben Jahre in Grundsatzentscheidungen fort- und umgeschrieben. Dogmatisch zunächst auf eine Doppelanalogie zu §§ 302 f. AktG gestützt (sog. Qualifiziert faktischer GmbH-Konzern), wurde sie später als Durchgriffshaftung wegen Rechtsformmissbrauchs und schließlich - aber auch früher ‘vorsichtshalber ab und zu’ - als Binnenhaftung iSv § 826 BGB eingeordnet. Haftungsbegründend kann der schon im Ansatz planmäßige Liquiditätsentzug durch cash pooling sein, ebenso aber die Herstellung eines Haftungsverbunds, Veranlassung zur Aufgabe eigener Bankkontakte oder Einbeziehung einer maroden Tochter ins pooling. Daran ändert das MoMiG nichts. Neben die an Gesellschafter gerichtete Existenzvernichtungshaftung jedoch stellen Artt. 1 Nr. 43 lit. B.bb, 5 Nr. 11 lit. B MoMiG eine Geschäftsleiterhaftung ‘für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten’ in §§ 64 S. 3 GmbHG-E, 92 II 3 AktG-E, die zum Gläubigerschutz die Organhaftung bei den Poolmitgliedern verschärft. Bb, Insolvenz: Behandlung von Gesellschafterdarlehen: Bisher unterliegt Fremdkapital einer eigenkapitalähnlichen Sonderbehandlung, wenn es in der Krise der Gesellschaft von einem Gesellschafter gewährt (§ 32a I GmbHG) wurde, der mit mindestens 10 % beteiligt oder geschäftsführungsbefugt ist (Kleinbeteiligtenprivileg arg e § 32a III 2 GmbHG) und nicht zwecks Sanierung auch Eigenkapital zuschießt (Sanierungsprivileg arg e § 32a III 3 GmbHG). Die bei Fortführung in der Krise für geboten gehaltene Verbreiterung der Eigenkapitalbasis wird bilanziell fingiert und das ‘unqualifizierte’ Fremdkapital nach hergebrachter Spruchpraxis in und außerhalb der Insolvenz den §§ 30 f. GmbHG analog unterworfen (sog. Rechtsprechungsregeln). Mit fünf Differenzen in Tatbestand und Rechtsfolgen gilt dasselbe ab Insolvenzeröffnung nach § 32a I, III GmbHG und, als Umgehungsschutz vor mittelbaren Gesellschafterdarlehen, §§ 32a II, 32b GmbHG (sog. Novellenregeln). Art. 1 Nr. 20 MoMiG schafft das umstrittene zweispurige Kapitalschutzsystem ab, indem § 30 I 3 GmbHG-E Gesellschafterdarlehen aus dem Kapitalerhaltungsrecht ausnimmt - für das cash pooling, das eben jene in absteigender Richtung syndiziert, die Komplementäränderung zu der unter a.aa. Dargestellten. Art. 9 Nrn. 5, 7-9 MoMiG konsolidieren, um künftig auch (Schein-) Auslandsgesellschaften zu erfassen, die auf §§ 32a f. GmbHG, 129a, 172a HGB, 39, 135 InsO verteilte insolvenzrechtliche Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen, ohne noch nach deren Gewährung in der Krise zu fragen. Vielmehr stellt § 39 I Nr. 5 InsO-E alle Gesellschafterdarlehen nachrangig ihre Befriedigung oder Sicherung ist nach § 135 I InsO-E allein deshalb anfechtbar, weil die Gesellschaft vor Fristablauf insolvent wurde. Mittelbaren Gesellschafterdarlehen begegnen die §§ 44a, 135 II, 143 III InsO-E (ex § 32a II, 32b GmbHG). Sanierungs- und Kleinbeteiligtenprivileg gelten in § 39 IV 2, V InsO-E fort. Für das nicht eröffnete Insolvenzverfahren stellen Art. 11 Nrn. 1, 3 MoMiG den Gläubigern dasselbe Anfechtungsregime in §§ 6, 6a, 11 III AnfG-E bereit. Schließlich entscheidet Art. 9 Nr. 4 MoMiG für das Vorfeld der Insolvenz den Streit, ob die Passivierung von Gesellschafterdarlehen im Überschuldungsstatus (§ 19 InsO) schon bei gesetzlichem Rangrücktritt iSv § 39 I Nr. 5 InsO unterbleiben kann, oder ob es eines Forderungsverzichts oder rechtsgeschäftlichen Rangrücktritts in den Rang entweder des § 39 I Nr. 5 InsO, des § 39 II InsO, oder gar des § 199 S. 2 InsO bedarf: § 19 II 3 InsO-E verlangt einen vertraglichen Rücktritt in den Rang des § 39 II InsO(-E). Unklar bleibt dabei, ob Gesellschafter neben oder hinter Drittgläubiger treten sollen, die einen Rangrücktritt erklärt haben. Da § 19 II 3 InsO-E die Rechtsprechung zum qualifizierten Rangrücktritt fortführen soll, ist letzteres anzunehmen. C, Fazit: Die Auswirkungen des MoMiG auf das cash pooling sind vielgestaltig. Jedoch wurden die Folgefragen der unter a.aa., a.bb. Und b.aa. Dargestellten Entwicklungen erst kürzlich umfassend monographisch aufgearbeitet. Daher möchte ich Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Existenzschutz iRd cash pooling ausklammern und mich nur der unter b.bb. Vorgestellten Thematik widmen. III, AUFSTEIGENDE DARLEHEN UND § 135 INSO-E: Die Insolvenz eines Poolführers gefährdet die gesamte Konzernfinanzierung. Auch ein Poolmitglied kann aber in Krise und Insol-venz geraten. Auf diesen Fall - wegen der größeren Zahl von Konzerntöchtern häufiger, aber aufgrund des sog. Dominoeffekts nicht zwingend weniger gravierend - möchte ich mich konzentrieren und die Folgefragen einer Insolvenz der Mutter ausblenden. Als einziger Gläubiger ist der insolventen Tochter ihre Mutter gesellschafts-rechtlich verbunden. Die schuldrechtlichen Außenbeziehungen iRd cash pooling - wirtschaftlich betrachtet Konzerninnenbeziehungen - sollen keinen synal-lagmatischen Interessengegensatz ausgleichen (causa mutui), sondern Synergien für gemeinsame Konzerninteressen effektuieren (causa societatis). Das Insolvenz-recht muss deshalb entscheiden, inwieweit jene ‘unecht synallagmatischen’ Darlehen zur Wahrung der par conditio creditorum einer Sonderbehandlung unterliegen. Aus diesem Themenbereich ist zunächst eine Frage einzugrenzen (1.), bevor Prämissen und Methode der weiteren Untersuchung (2.) dargelegt werden. 1. Abgrenzung der Fragestellung Der Insolvenzantrag schließt die Tochter vom cash pooling aus, praktisch relevant sind also nur zuvor begründete Forderungen. § 39 I Nr. 5 InsO E stellt diese nachrangig Probleme bereitet hier nur eine vorgängige Deckung. Daher erörtere ich allein die Insolvenzanfechtung solcher Deckungshandlungen. Keine Spezifika des cash pooling und deshalb hier zu vernachlässigen sind die Anfechtung aufsteigender Sicherheiten und solcher des Gesellschafters für Drittdarlehen (§§ 44a, 135 II InsO-E). Vom übrigen Anfechtungsregime der §§ 129 ff. InsO ist nur § 135 InsO durch das MoMiG betroffen auf ihn werde ich mich daher beschränken und andere Anfechtungstatbestände übergehen. § 135 I InsO-E setzt bereits ein absteigendes (Gesellschafter)Darlehen voraus, also kann es nur um die Anfechtung aufsteigender Darlehen gehen. Rechtstatsächlich werde ich mich auf den faktischen Nur-GmbH-Konzern als wichtigste Domäne des cash pooling beschränken. Der rechtsformübergreifende Ansatz des MoMiG betrifft aber alle faktischen cash-pooling-Konzerne ähnlich. Die Fragestellung lautet also: Welche Probleme ergeben sich iRv § 135 InsO-E für aufsteigende Darlehen einer später insolventen Tochter im GmbH-cash-pool? 2. Prämissen und Gang der Untersuchung Die Untersuchung dieser Frage muss vom Grundkonflikt zwischen Drittgläubigern und konzerninternen Gläubigern ausgehen (s. vor 1.). Mangels vertraglicher Beziehung der Poolmitglieder untereinander ist konzerninterne Gläubigerin einer Tochter nur ihre Mutter. Die Gläubigerstellung der Mutter setzt einen zu ihren Gunsten positiven Saldo des mit ihrer Tochter geführten Kontokorrents voraus. Dieser Saldo soll i.F. als ‘Poolsaldo’ bezeichnet werden, um ihn vom ‘Tagessaldo’ des zwischen der Tochter und der Konzernbank geführten Zahlungsverkehrskontos abzugrenzen. Auch jener Saldo muss zunächst positiv sein, damit ein aufsteigendes Darlehen in Betracht kommt. Weiter ist zu erinnern, dass ausgereichte Darlehen nicht zurückgezahlt, sondern verrechnet werden (s.o. II.2.). Das oben II.3.b.bb. Dargestellte Anfechtungsregime hilft nun nicht unmittelbar weiter, wenn die Mutter eine Einrede aus § 389 BGB hat. Das verhindert § 96 I Nr. 3 InsO, der arg e § 96 II InsO auch auf Aufrechnungen vor der Insolvenz anwendbar ist. Jene sind insolvenzrechtlich unwirksam, wenn die Aufrechnungslage anfechtbar erlangt wurde. Damit ist doch wieder fraglich, ob die (zur Aufrechnungslage führende) Gewährung eines aufsteigenden Darlehens nach § 135 InsO-E anfechtbar ist. Ausgehend von den oben II.3.b.bb. Herausgearbeiteten Nova sind die rechtlichen Folgefragen des Verzichts auf die Kapitalersatzfunktion (3.) und der Abschaffung der Rechtsprechungsregeln (4.) für das cash pooling zu erörtern. Zuletzt ist ein rechtspolitisches Problem zu behandeln, das auf § 135 InsO-E und damit auch das cash pooling zurückwirken könnte (5.), bevor die wesentlichen Ergebnisse in Thesen zusammengefasst werden (IV.). 3. Verzicht auf die Kapitalersatzfunktion, Art. 9 Nr. 8 MoMiG Bisher erfordert § 135 InsO ein absteigendes Krisendarlehen (a.). Künftig kommt es auf die Krise nicht mehr an. Zwar bleibt sie notwendiges Durchgangsstadium zur Insolvenz, muss aber nur eine logische Sekunde dauern. Ob die Mutter als Gesellschafterin nun untragbare Risiken gewärtigt, ist rein praktisch (b.) und mit Blick auf § 142 InsO (c.) zu hinterfragen. A, Besonderheiten des Kapitalersatztatbestands im cash pool: Das Merkmal ‘kapitalersetzend’ setzt die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft (‘Krise’ iSv § 32a I GmbHG) voraus, transponiert also die gesamte Kapitalersatzdogmatik ins Insolvenzrecht - mit cash-pooling-spezifischen Folgefragen. Aa, ‘Krise’ - Vergleichsgrundlage der Kreditunwürdigkeit: Da Poolmitglieder meist eigene Kontakte zu Fremdkapitalgebern aufgeben, um die Konzernkredite beim Poolführer zu bündeln, scheidet ein Marktvergleich zur Feststellung der Kreditunwürdigkeit aus. Immerhin kann das verbleibende Haftungs- und Sicherungspotential geprüft werden fraglich ist dann, ob die Pooleinbindung der Tochter zu berücksichtigen ist. Zwar steht nur die Kreditwürdigkeit der einzelnen Gesellschaft, nicht die des Konzerns, in Rede. Doch kann die Pooleinbindung genau wie andere wirtschaftliche Verbesserungen die Investitionsentscheidung Dritter beeinflussen. Geriete der Konzern insgesamt in die Krise, dürfte der Drittvergleich auch das nicht ausblenden. Deshalb sollte der fiktive Dritte selbst entscheiden, welchen Wert er der Pooleinbindung beimisst berücksichtigen sollte er sie. Bb, ‘gewährt’ - Stehenlassen im cash pool möglich?: Die Rechtsprechung sieht auch im Nichtabzug bereits gewährter Darlehen bei Kriseneintritt einen Kapitalersatz. Dieses sog. Stehenlassen erfasst zunächst proaktive Darlehen zur Vorfinanzierung. Solche jedoch kommen im rein reaktiven Kontenabgleich nicht vor. Denkbar sind Ausgleichsbuchungen aber auch vor der ‘Krise’ im technischen Sinn hier ist ein Stehenlassen möglich. Möglich muss auch der Abzug der betroffenen Mittel, das Darlehen also fällig oder kündbar oder die Tochter liquidierbar sein. Ein außerordentliches Kündigungsrecht durch Ausschluss aus dem pooling sieht die CPA regelmäßig vor, ergäbe sich aber mangels vertraglicher Regelung aus § 490 I BGB. Cc, Subjektive Voraussetzungen: Strittig ist, ob das Stehenlassen subjektiv zurechenbar sein muss Befürworter verlangen die objektive Erkennbarkeit der Krise (d.h. subjektiv: Fahrlässigkeit iSv § 276 II BGB), teils eine bewusste (also iSv § 276 I BGB vorsätzliche) Entscheidung des Gesellschafters, oder gar eine wenigstens konkludente Stundungsvereinbarung. Die täglichen Kontobuchungen erfolgen automatisch, also ohne bewusste Entscheidung der Mutter insoweit könnte man allenfalls die Zurechnung vorverlagern und die CPA als Zurechnungsgrund für spätere Buchungen ansehen. Jedenfalls aber handelte die Mutter wegen Nichtausübung der Kündigungs- und Ausschlussrechte (s.o. bb.) vorsätzlich, wenn sie die Krise erkannte. Das Erkannthaben wiederum wird - wie die Stundungsabrede - zumeist vermutet. Dd, Ausnahme für kurzfristige Überbrückungskredite?: Überbrückungskredite werden mitunter nicht als Bestandteil der Unterneh-mensfinanzierung angesehen und vom Kapitalersatz ausgenommen. Die Gegenansicht sieht darin ‘überhaupt keinen Sinn’, denn vorübergehender Liquiditätsbedarf schließt schon die Kreditunwürdigkeit aus. Lag diese aber erkennbar vor, ist die Fristigkeit des Darlehens unerheblich das Kapitalersatzrecht soll gerade jede Verlängerung des ‘Todeskampfes’ der Gesellschaft durch den sich als Gläubiger gerierenden Gesellschafter verhindern. Dessen ungeachtet betreffen absteigende Darlehen keine kurzfristigen Liquiditätsengpässe. Zwar ‘überbrücken’ sie die Zeit bis zum nächsten Habensaldo dies aber nicht einmalig, sondern planmäßig - darum verstehen einige die CPA als offene Kreditlinie (s.o. II.2.) und gehören absteigende Darlehen stets zur Unternehmensfinanzierung der systematisch unterkapitalisierten Töchter. Ee, Zwischenergebnis: Ist die Tochter unter Berücksichtigung ihrer Pooleinbindung kreditunwürdig, sind absteigende Darlehen idR ‘kapitalersetzend’ iSv § 135 InsO.

Über den Autor

Hanjo Hamann begann 2005 sein Studium der Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und war ab Ende desselben Jahres Juristischer Mitarbeiter bei einer internationalen Anwaltssozietät in Frankfurt/M. Dort unterstützte er Mandate im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht und publizierte eigene wirtschaftsrechtliche Fachtexte. 2007 zog er nach Hamburg, setzte sein Studium im Schwerpunktbereich Handels- und Gesellschaftsrecht fort und arbeitete bei einer wirtschaftsberatenden Anwaltssozietät. Das Schwerpunktstudium im Handels- und Gesellschaftsrecht beendete er 2009 mit Prädikat.

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